Donnerstag, 5. Mai 2011

LANDLEBEN

Mein heutiger Gang zur Post hat mich wiedermal erheitert. Das nahe Postamt wurde vor einigen Monaten wegrationalisiert, jetzt muss ich zum nächsten ein ganzes Stück fahren. Und ich war noch nicht richtig oft dort. Ich lebe hier in meiner Einsiedelei zurückgezogen und abgeschieden und habe kaum Kontakte.
Wie auch immer, die Postamtsdame begrüßte mich freudig und fragte nach, wie meine gestrigen Unternehmungen gewesen wären. ??? Ich bin zwar schon älter, aber ich hätte es mir definitiv gemerkt, wenn ich sie über meine Aktivitäten informiert hätte. Also musste sie die Informationen aus meiner Post haben. Wir haben dann nett geplaudert, ich habe ihr die Frage ausführlich beantwortet. Und hinterher musste ich vor mich hinkichern. Diese fehlende Anonymität am Landleben, die hat schon etwas. Verbergen lässt sich hier gar nichts, und wenn man die Geschichten nicht liefert, dann werden sie erfunden. Die Vorteile daran sind, Amtswege erledigen sich schnell und unbürokratisch. Vieles geht einfacher als in der Stadt. Aber dafür ist frau ein Stück ein gläserner Mensch.
Briefträger sind überhaupt eine eigene Spezies. Ein Freund erzählte, seiner meinte z.B. gestern bin ich nicht gekommen, war nichts Wichtiges in deiner Post. Oder er hat ihm schon mal die Ansichtskarten halb vorgelesen.
Ein wenig ist mir die fehlende Privatsphäre unangenehm, obwohl unterm Strich der liebenswerte Aspekt überwiegt. Ein schwaches Gefühl von Geborgenheit vermittelt die Sozialkontrolle.

18 Kommentare:

  1. Das Landleben hat schon seine eigenen Gesetze, wie Du schreibst, mit Vor- und Nachteilen. Viel unbürokratischer, für eine gelernte Städterin immer wieder erstaunlich, wo in Wien eine Mappe von Dokumenten angeschleppt werden muss, wird hier nicht mal wirklich überprüft, ob man die Person ist, als die man sich ausgibt. Aber das Gläserne bucht man praktisch mit und auch das Elefantengedächtnis der Dorfbevölkerung. Vergessen wird da gar nichts. Ich bin seit ein paar Wochen in einer Firma im Nachbarort tätig und es war spannend, zu beobachten, wie der Informationsfluss lief, als der erste Dorfbewohner mich dort entdeckte...Plötzlich bezogen sich Leute darauf, dass ich ihnen erzählt hätte, dass ich dort arbeite, mit denen ich definitiv seit Monaten nicht gesprochen habe. Und der Bürgermeister hat sich als dortiger Kunde jedesmal mit Handschlag bei mir vorgestellt, bis es mir zu blöd wurde, ich meinte, wir kennen einander ja. Da wusste er plötzlich meinen Namen und Adresse...Aber als Zuagroaste ist man immer interessanter und wenn man dann noch ein wenig aus der Reihe tanzt, ohne Mann lebt, Wildkräuter verkocht und Sperrmüll heimschleppt wie ich, dann muss man sich um seinen Ruf nicht mehr sorgen. Also lasse ich die schräge Alte raushängen und den Leuten die Freude am Reden.
    Dir liebe Grüße in den eisigen Morgen, Ingrid

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  2. Eine schöne Geschichte - eigentlich. (Aber so ein bisschen schalen Nachgeschmack lässt sie schon aufkommen...)
    Zwar lebe ich auch ländlich, aber diese Art von Briefträger oder Briefträgerin - zu uns kommt seit einiger Zeit eine junge Frau - kenne ich nicht. Ob sie hier besonders "geschult" werden auf Diskretion!? Jedenfalls ist mir bisher noch keine Indiskretion aufgefallen in den vielen Jahren mit den PostzustellerInnen.
    Vielleicht ist das auch ein wenig schade: Es gibt keine so netten Geschichten wie bei euch! ;-)

    Hab einen spannenden Tag, Ingrid!

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  3. Hmmm also das die Briefträger sich über diverse Postkarten amüsieren - das kann ich mir schon vorstellen. Aber das sie dann auch noch den Mut (?) haben, den Empfänger darauf anzusprechen - ich weiß nicht, wie ich das finden würde.
    Ich lebe ja in der großen Stadt und weiß nicht mal wie mein Postler aussieht ;)

    Ich wünsch dir einen schönen Tag!
    Liebe Grüße nima

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  4. fanouria:
    du beschreibst genau wie es ist. da ich so wenig kontakte habe, geht das meiste an mir vorbei. und wenn ich mich dann einmal wieder wundere, dann finde ich es lustig. obwohl die erdichteten geschichterln auch nicht ohne sind.
    morgenkühle grüße zurück

    brigitte:
    das angenehme am landleben ist das unbürokratische. und die kleinen indiskretionen, tja, die werden gratis mitgeliefert.
    liebe grüße in dein heute

    nima:
    ein bisserl gewundert hat es mich auch, aber ich musste trotzdem lachen. und mir wiedermal bewusst machen, mit heimlich ist da gar nix.
    lg zu dir

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  5. Manche nennen es den "Wahnsinn Dorf". Ich persönlich habe damit noch keine negativen Erfahrungen gemacht. Das Verhältnis von Diskretion und Vertraulichkeit empfinde ich als ausgewogen.

    Manchmal denke ich, das liegt vielleicht an der Konfession, dass die Menschen hier heiter, umgänglich und dennoch respektvoll sind?

    Mein liebgehasstes Herkunftsdorf auf der anderen Seite des Rheins ist erzkatholisch, heute bin ich konvertiert und leb' in evangelischer Dörflichkeit.

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  6. kvinna:
    meine erfahrungen mit den menschen hier sind, dass sie einen gut lassen können, wie man ist. ich erlebe sie als tolerant und für mich ist es sehr angenehm, mit viel raum für andersartigkeit.
    katholisch ist man hier, aber nicht sehr streng.
    grüße aus der einsiedelei

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  7. Auf La Palma hatte auch der Briefträger entschieden obs denn nun dringens sei, oder doch nicht ;)

    Ich wünsch dir schon mal ein schönes Wochenende
    Liebe Grüsse
    Brigitte

    zu deinem letzten Eintrag wollte ich noch sagen - hab gerade gelesen dass sich H.Clinton anscheinend extrem ärgert wegen dem Bild - weil sie darauf so schwach wirke. Naja und ich fand gerade diese Geste (Hand vor dem Mund) macht sie ein bisschen sympathischer

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  8. meine briefträgerInnen kenne ich nun nicht mehr. sie wechseln jetzt ständig. die neuerung ist mir nicht egal.mit der früheren konstanten hatte ich guten kontakt.
    allerdings wüsste ich nicht, was die meiner post diskretes entnehmen könnten. die briefe sind zu, postkarten bekomme ich keine od. selten. da steht dann aber auch nichts geheimes drauf.
    was die leut sich erzählen ist doch schnurzepiepegal.
    schöne grüsse
    rosadora

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  9. brigitte:
    dann kennst du ja das, wovon ich rede. :-))
    foto von gestern:
    ich finde auch h.c. besser, als die satten selbstzufriedenen gefühllosen anderen gesichter.
    lg in dein wochenende

    rosadora:
    was die leute erzählen, ist wirklich egal. überraschend ist es trotzdem, wenn dich die postdame auf deine aktivitäten anspricht.
    ganz liebe grüße zu dir

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  10. Man wird wohl nicht ein paar Wochen tot herumliegen können:-)

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  11. sonja:
    also ich schon. mich sieht man oft wochenlang kaum. aber das gehört zu meinen geringen sorgen.
    lg

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  12. Noch ein Nachtrag: nur weil du wochenlang niemanden siehts oder meinst, nicht gesehen zu werden - das sagt gar nichts. Mir ging es ebenso, doch es wird genau registriert, ob das Auto vor der Tür steht (und wehe du verwirrst die Leute, indem du es in der Garage versteckst) und einmal bin ich einkaufen gefahren, habe vergessen, ein Fenster zu schließen. Noch im Supermarkt hatte ich einen Anruf von einem Dorfbewohner, der aufgrund einer handwerklichen Nachbarschaftshilfe meine Nummer hatte. Und erst vor ein paar Tagena, als ich beim Löwenzahnmähen war (Rasen habe ich nicht), stellte mein Nachbar im Vorübergehen fest, dass ich ja keine "Heinzelmännchen mehr hätte", weil ein Ex vor 5 Jahren!!! einmal beobachteterweise gemäht hat. Ich trage es mit Humor! Alles Liebe, Ingrid

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  13. fanouria:
    wenn du in wirklichkeit auch so rote haare hast, wie auf dem foto, dann bist du keinesfalls zu übersehen. :-))
    stimmt schon, auf die kleinsten zeichen wird geachtet.
    lächelnde grüße zu dir!

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  14. Vielleicht liest sie ja deinen Blog, die hippe Alte?

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  15. ilse:
    alles ist möglich ...
    ich hoffe, sie unterhält sich gut dabei.
    lg aufs land

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  16. ....also wenn die Briefmarkendame neben deiner Postinspizierung auch noch in deinem Blog herumgeistert, dann muss ich umgehend meine Identität wechseln bevor mein Inkognito gelüftet wird.

    Für heute noch Blinkyman,
    ab morgen Tarnkäppchen 007

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  17. tarnkäppchen 007:
    wieso lüftest du deine identität schon im vorhinein??
    lg zu dir

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  18. Landleben hin oder her – auch auf dem Dorf sollte sich herumgesprochen haben, dass man die Postkarten anderer Leute nicht liest. Vielleicht sollte man sich selbst mal eine Postkarte schreiben und den Briefträger in dieser Karte direkt ansprechen. Manchmal braucht es einen Wink mit dem Zaunpfahl... ;-)

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