Samstag, 31. Dezember 2016

AUF EIN GUTES


Im Fernsehen habe ich einen Jahresrückblick gesehen.
So viele bekannte Menschen sind heuer gestorben.
Ich habe immer das Gefühl,
wenn sich gesellschaftliche Umbrüche anbahnen,
gehen viele Menschen,
die mit dem Thema nichts mehr zu tun haben (wollen).
Ich bin jetzt auch schon in einem Alter,
wo man sterben darf.
Nein, keine Todessehnsucht.
Die alte Katze möchte ich überleben.
Mir ist ja sehr unbegreiflich, warum jeder so alt werden will.
Sehe darin keinerlei Vorteile.
Ein guten Rutsch in ein sehr aufregendes Neues Jahr wünsche ich allen.
 

Freitag, 30. Dezember 2016

AUFSTAND DER KLEINEN DINGE

 
Bei mir proben die kleinen Dinge ihren Aufstand.
Haben anscheinend zu viel Märchenfilmferngeschaut.
Was ich benütze,
verabschiedet sich.
Der Wasserkocher hat einen unsichtbaren Riss im Ausguss
und schüttet alles daneben.
Der MP3-Player mag nur mehr ein Ohr bespielen
und es sind nicht die Ohrstöpsel.
Die neue Clapton DVD habe ich vernichtet.
Zur Geisterstunde schaltet sich der Radioalarm in der Küche ein und ich muss
2 x durchs Haus eilen, bis wieder Ruhe herrscht.
Alles keine großen Verluste,
aber diese kollektive Dingeverweigerung ist seltsam.
 
 
 

Donnerstag, 29. Dezember 2016

PERÜCKE



Jüdische Frauen tragen Perücken.
Chemotherapierte Menschen verwenden den Kopfschmuck.
Männer mögen Haarersatzteile.
Ich hätte langsam auch gerne einen Pepi.
Aber irgendwie ist das gar nicht modern und bequem auch nicht.
Meine Haare werden weniger und dünner.
Grau ist gut, aber immer mehr  Weiß mischt sich dazu
und die dunklen Strähnen sind zu viel Kontrast.
Färben ist wegen des Nachwuchses auch unlustig.
Und die Wintermützen tun das übrige zum Frisurlosen.
Mag meine Hornfäden gerade gar nicht.
Ja, die Eitelkeit stirbt zuletzt.




Mittwoch, 28. Dezember 2016

EIGENTLICH MAG ICH ES NICHT SO GERNE

 Aber es hat doch seinen Reiz,
wenn der Sturm ums Haus heult,
der Schnee in dichten windgetriebenen Wänden jede Sicht nimmt,
das Leben sich archaisch anfühlt.
Solange alles funktioniert,
Strom und Heizung nicht ausfällt,
Internet bleibt,
ist es die Wintersoftversion.
Die Straße ist manchmal zu,
aber Essen ist immer genug im Haus.
Ich habe einmal einen Bericht über die Hallig gelesen,
diese winzigen Inseln im Watt.
http://www.halligen.de/
So mitten im Meer, das würde mir Angst machen.
Hier habe ich festen Boden unter den Füßen,
das Haus steht schon Jahrhunderte,
das Dach hat den Kyrill überstanden.
Da kann ich mich eigentlich ganz dem Genuß der Naturgewalten hingeben,
mich klein, bescheiden und sicher fühlen -
irgendwann wird wieder die Sonne scheinen
und daraus eine Winterwunderlandschaft machen.



Dienstag, 27. Dezember 2016

EINS ERGIBT DAS ANDERE


Weil ich einen Artikel über alte Baumeister und Kirchen gelesen habe,
und bei mir Nebel war und für die näxten Tage auch Schlechtwetter angesagt,
was mich mehr oder weniger ans Haus fesselt,
habe ich mich nach Maria Taferl aufgemacht.
Wallfahrtsort, Kraftplatz über dem Donautal mit schöner Fernsicht.
Leider war feiertagswegen gerade eine Messe.
Weil ich mich irrtümlich zum Beichtstuhl stellte,
hätten mich die beichtwilligen Christen fast gebissen -
so viel Nächtenliebe, so viel Aggression -
hat mich nicht lange in der Kirche gehalten,
aber ein Sonnenstrahl ist gekommen -
keine Ahnung, ob der jetzt astronomisch korrekt war.
Aber hübsch.
Kann ja die Rederei in Kirchen nicht ertragen
und die Musik, die die da spielen schon gar nicht
und die Leute sehen immer so unzufrieden leidgeplagt aus.
Gar nicht glücklich inspiriert.
Dabei sind die Plätze so kraftvoll und gut.
Schade drum.
Dafür habe ich die Quelle gefunden -
muss ja sein, Maria hat immer eine Quelle.
Und das Kaffeehaus, das ich am Plan hatte, war zu.
Und das Hotel in dem ich dann einkehren wollte,
die waren gerade im Mittagstischdeckstress
und dort, wo die wollten, dass ich Kaffee trinke,
war es mir nicht schön genug.
Naja, semierfolgreich der Ausflug.
Und das Foto ganz unten -
so wachsen da allüberall die Christbäume für die kommenden Jahre.
Viele.




Montag, 26. Dezember 2016

MÄNNERWEIHNACHT




Heuer durfte ich am 24. bei der Männerweihnacht mitmachen.
Bruder und Neffe.
Zuerst Zentralfriedhof Elterngrab.
Und dann Prater.
Ich liebe den Prater, komme aber nie mehr hin.
Die meisten Attraktionen waren geschlossen.
Nur die armen Pferde drehten ihre letzten Runden,
bevor dieses Karussell wegen Unzeitgemäßheit seine Pforten schließt.
Der alte Mann mit Geisterbahn kennt auch kein Festtagsgefühl
und eine Runde Spielhalle musste es sowieso sein.
Seit die Glückspielautomatengesetze verschärft wurden,
gibt es kaum Automaten.
Nur einige Flipper, Fußballtische und Autorenngeräte stehen herum.
Gut war die Männerweihnacht.
Hat viel Spaß gemacht.
Da ich mich halbwegs benommen habe,
darf ich möglicherweise im näxten Jahr wieder mit.
Und mein einziges Geschenk:
Eric Clapton (noch immer) begleitete mich im Autoradio bei der Rückfahrt
durch die malerische einnachtende Wachau.
Keinesfalls würde ich den Tag gegen irgendeine Feierei tauschen mögen.
 
 
 








 

Sonntag, 25. Dezember 2016

AM MORGEN



Es gibt immer wieder einen neuen Morgen.
Und einen Topf mit Gold am Ende des Regenbogens.
Der Bogen war ganz, aber zu nahe um ihn voll aufs Bild zu kriegen.
So bezaubernd.
 


Samstag, 24. Dezember 2016

WINTERWUNDERLAND


Die nettesten Grüße und Wünsche an alle Leserinnen.
An die, die heute feiern
und an die, die nix mit Weihnachten am Hut haben.
Ich bin im Winterwunderland.
Und da sind sowieso immer Engel und Christkinder unterwegs.



Freitag, 23. Dezember 2016

WIRKLICHKEIT


Langsam geht mein Zeitungsabo dem Ende zu.
Es reicht.
Nach 3 Monaten interessierter Leseteilnahme an der Welt geht es mir immer so.
Danach will ich es gar nimmer wissen.
Affentheater /Schreckensmeldungen satt.
Ich glaube, in nächster Zeit brauche ich auch keine Nachrichten im Fernsehen.
Wirklichkeit ist nur, wo ich bin.
Und da ist nix außer Rehen und Füchsen,
Bäumen und Stille.



Donnerstag, 22. Dezember 2016

BERICHT VOM VOGELBAUM


 
Bis jetzt waren die Vögel noch wenig zu sehen.
Wahrscheinlich gibt es genug zu fressen im Wald.
Nur der Specht macht eine Mastkur.
Ich glaube, er vertilgt einen Meisenknödel pro Tag.
Wird bald nimmer fliegen können,
wenn er so weiterfrisst.
Im vergangenen Jahr waren weniger Federbällchen da.
Entweder ist die Anzahl zurückgegangen,
oder der Winter war zu mild
oder sie finden im Wald genug.
Oder wie auch immer.
Jedenfalls haben sie heuer Weihnachtsschmuck gekriegt.
Wenn ich nicht feiere,
sollen sie es tun.
 

 

Mittwoch, 21. Dezember 2016

ZARTE PFLÄNZCHEN DER ZUVERSICHT


Die allerkürzesten Tage sind jetzt.
Heute ist Wintersonnenwende.
Ich kann gar nicht sagen, wie froh ich bin.
Wiedermal die schlimmste Zeit des Jahres überlebt.
War heuer nicht arg.
Viel Sonne, wenig grausliches Wetter.
Nie Schnee geschaufelt.
Es keimen Pläne in meinem Innersten.
Zarte Pflänzchen,
die noch ein wenig Dünger und Zuwendung brauchen.
Aber ich bin guter Dinge,
dass sie wachsen und Früchte tragen werden.



Dienstag, 20. Dezember 2016

STILL


 
So sehr stille Tage.
Die Katze am Kachelofen.
Das Gute ist greifbar.
Kostbar fühlen sich die Zeiten an.
In Seelenwatte gepackte Augenblicke.
 
 
 
 


Montag, 19. Dezember 2016

KREATIVITÄT



Das Foto von Picasso's Atelier habe ich von  http://aufildesmots.biz/
mitgenommen.
Ich finde es sehr beeindruckend.
Ordnung ist der Tod von Kreativität.
Fällt mir dazu ein.
Weil jetzt Minimalismus so modern ist.
 
 

Sonntag, 18. Dezember 2016

SONNTAG IST BALLADENTAG


Die Weihnachtsmaus

Die Weihnachtsmaus ist sonderbar
(Sogar für die Gelehrten),
Denn einmal nur im ganzen Jahr
Entdeckt man ihre Fährten.
Mit Fallen oder Rattengift
Kann man die Maus nicht fangen.
Sie ist, was diesen Punkt betrifft,
Noch nie ins Garn gegangen.
Das ganze Jahr macht diese Maus
Den Menschen keine Plage.
Doch plötzlich aus dem Loch heraus
Kriecht sie am Weihnachtstage.
Zum Beispiel war vom Festgebäck,
Das Mutter gut verborgen,
Mit einemmal das Beste weg
Am ersten Weihnachtsmorgen.
Da sagte jeder rundheraus:
Ich hab es nicht genommen!
Es war bestimmt die Weihnachtsmaus,
Die über Nacht gekommen.
Ein andres Mal verschwand sogar
Das Marzipan von Peter,
Was seltsam und erstaunlich war,
Denn niemand fand es später.
Der Christian rief rundheraus:
Ich hab es nicht genommen!
Es war bestimmt die Weihnachtsmaus,
Die über Nacht gekommen!
Ein drittes Mal verschwand vom Baum,
An dem die Kugeln hingen,
Ein Weihnachtsmann aus Eierschaum
Nebst andren leckren Dingen.
Die Nelly sagte rundheraus:
Ich hab es nicht genommen!
Es war bestimmt die Weihnachtsmaus,
Die über Nacht gekommen!
Und Ernst und Hans und der Papa,
Die riefen: Welche Plage!
Die böse Maus ist wieder da,
Und just am Feiertage!
Nur Mutter sprach kein Klagewort.
Sie sagte unumwunden:
Sind erst die Süßigkeiten fort,
Ist auch die Maus verschwunden.
Und wirklich wahr: Die Maus blieb weg,
Sobald der Baum geleert war,
Sobald das letzte Festgebäck
Gegessen und verzehrt war.
Sagt jemand nun, bei ihm zu Haus -
Bei Fränzchen oder Lieschen -
Da gäb es keine Weihnachtsmaus,
Dann zweifle ich ein bißchen.
Doch sag ich nichts, was jemand kränkt!
Das könnte euch so passen!
Was man von Weihnachtsmäusen denkt,
Bleibt jedem überlassen!
James Krüss




Samstag, 17. Dezember 2016

WARUM ICH WEIHNACHTEN NICHT MAG

 
 
Es gibt mehrere Gründe,
warum ich Weihnachten nicht mag,
mit Feiern habe ich es ja überhaupt nicht,
aber ein triftiges Argument ist:
man kriegt immer die falschen Geschenke.
Nie das,
was man gerne hätte.
Statt eines knackigen Lovers originell verpackt unterm Baum,
gibt es nur eine Kuscheldecke mit beheizbarem Fußteil.
Auch das neue Wunschauto wird es nicht werden,
bestenfalls ein Handmixer.
Das Christkind wird mir auch keinen Haussklaven, der mir alle ungeliebten Arbeiten abnimmt,  herzaubern.
Rundherum nix wie Enttäuschungen.
Deswegen verzichte ich auf Feiertage im Besonderen und im Allgemeinen total.



 


Freitag, 16. Dezember 2016

WIEN


Ein Wientag war wieder fällig.
Ich lasse mich bei den Besuchen einfach durch die Stadt treiben,
an bekannte und auch an lange nicht gesehene Plätze.
Schön war es, bei Kaiserwetter.
Die Waldviertler Christbäume am Graben habe ich getroffen.
Am Land gewachsen, in der Stadt zum Verdorren.
Die Brötchen beim Trzeniewski müssen einfach sein.
Das hübsche Gebäude von Otto Wagner,
das ehemalige Schützenhaus am Donaukanal angesehen.
Eine ganz lange Liste mit Filmen habe ich.
Aber bis am Abend mag ich nie bleiben,
muss ja noch Zug fahren und dann noch eine ganze Weile mit dem Auto
über Schneestraßen.
Das Kino in Freistadt hat inzwischen eher aufgehört mit den besonderen Filmen.
Kann ich verstehen, ich war ja öfter fast allein in der Vorstellung,
aber traurig bin ich trotzdem.
So bleibt die Filmwunschliste unerledigt,
dem Christkind brauche ich sie auch nicht zu schicken.
Eine nette Frau wollte mir einen Euro schenken,
weil ich nur 2 Euro für Maroni ausgeben wollte,
der Brater aber wegen seiner Registrierkasse! Kastanien nur um 3 Euro verkauft.
Beim nächsten Standl bekam ich die Maroni um 2 Euro
und noch eine dazugeschenkt
und alles ohne Registrierkassa.
Es ging nicht um den Euro,
sondern ich wollte einfach weniger Stück.
Aber lauter freundliche Menschen.
Naja, Menschen die mir etwas schenken, sind sowieso nett.
Dafür habe ich dem nächsten Verkäufer, der mir zu wenig Geld für einen Einkauf wegnehmen wollte,
erzählt, dass ich bei so kleinen Summen nicht betrüge,
sondern nur dann, wenn es sich richtig auszahlt.
Mir ist klar geworden, warum ich jetzt immer achtlos angezogen bin.
Hab mich wirklich bemüht.
Grauer Vintage-Wollmantel mit einer Stola mit Pelzbesatz drüber.
Sehr unpraktisch.
Dauernd habe ich mich im Pelz verheddert.
Absolut nicht für Öffis tauglich.
Da geht eigentlich nur das Plastikjackeneinerlei.
Ja, war alles gut.
Großstadtausflüge haben jetzt sowas von Urlaub.






Donnerstag, 15. Dezember 2016

EH WURSCHT


Vieles, was mir einfällt,
schreibe ich nimmer.
Weil eigentlich ist es eh wurscht (=sowieso egal).
In der Natur regelt sich Überpopulation von selbst.
Zu viele Mäuse in einem Jahr -
mangels Nahrungsangebot im nächsten Jahr kaum welche.
Beim Menschen ist das anders.
Je weniger Ressourcen desto mehr Mensch.
Das Thema ist sehr heikel,
wohl politisch unkorrekt oder unethisch,
denn kaum jemand spricht es je an.
Dabei könnte man doch eigentlich von der Krone der Schöpfung erwarten,
dass Mensch die eigene grenzenlose Vermehrung in den Griff bekommt.
Aber das Abbild Gottes schaut scheuklappenbehaftet hilflos dem eigenen Untergang zu.


Mittwoch, 14. Dezember 2016

RÜCKBLICK

 
Nein, das heurige Jahr war für mich nicht sensationell.
Ich habe es nicht gemocht.
Monatelang Schmerzen,
keine Kraft,
kein Antrieb.
Ständige Probleme mit dem Auto.
Jetzt zum Jahresende hat sich alles auf einem niedrigen Level stabilisiert.
Ein wenig bescheidener, ein wenig demütiger bin ich geworden.
Das Haus ist mir lieb geworden.
Sehr Hort, sehr Rückzug.
Die Reisen, die ich gemacht habe, waren auch weniger.
Marrakesch war gut.
Und im Moment ist mir jede Lust auf Wegfahren vergangen.
Auf der Plusseite steht die Rollerei.
Über 4000 km ziemlich viel Vergnügen.
Und nur einmal in einer Kurve umgefallen.
Irgendwie finde ich, ich hätte mir mal wieder mehr Spaß verdient.
Leben heisst nicht nur gerade so über die Runden zu kommen.
 
 
 
 
 


Dienstag, 13. Dezember 2016

UNGEKLÄRTES


 
Dass die Waschmaschine Waschpulver zur Reinigung benötigt,
kommt anscheinend aus der Werbung.
Meine macht es auch ohne.
Einmal vergessen,
alles sauber.
Öfter werde ich das nicht ausprobieren.
----
Seit einigen Tagen werden die anonymen Kommentare im Blog zum Spam gelegt.
Auch die vielen Zugriffe aus den USA sind unerklärlich.
Na gut, ich muss nicht alles verstehen.
Siehe oben unter Waschmaschine.
----
Auf meinem Tisch liegt meist irgendein Duftbriefchen,
das ich aus einer Zeitschrift gerissen habe.
Eine begeisterte Riecherin bin ich,
ich reibe dann den unbekannten Geruch auf die Innenseite des Handgelenks
und manchmal muss ich ihn dann kaufen
und dann kriege ich von der Intensität Kopfweh.
Dass ich mich selbst nimmer riechen mag,
das ist glücklicherweise vorbei.
Keine Ahnung was das Körpertier da ausgestunken hat.
 



Montag, 12. Dezember 2016

ALTE MERKSÄTZE

 
 
In einem 200 Jahre alten Büchlein geblättert
und da so sinnige Sätze gefunden:
 
"Der faule Knabe wird ein alter Bettler werden."
 
"Wessen Eigenthum ist die Erde? - der Menschen."
 
"Wer früher aufsteht, kann mehr Gutes thun; wer mehr Gutes thuht, ist mehr als Andere werth."
 
"Müßiggang lehrt viel Böses."
 
Tja, was soll ich dazu noch schreiben? Und die Kleider waren auch reichlich unbequem. 
 
 
 
 

Sonntag, 11. Dezember 2016

SONNTAG IST BALLADENTAG

 

Das Sklavenschiff

Heinrich Heine (1797-1856)

 

I
Der Superkargo Mynheer van Koek
Sitzt rechnend in seiner Kajüte;
Er kalkuliert der Ladung Betrag
Und die probabeln Profite.
»Der Gummi ist gut, der Pfeffer ist gut,
Dreihundert Säcke und Fässer;
Ich habe Goldstaub und Elfenbein -
Die schwarze Ware ist besser.
Sechshundert Neger tauschte ich ein
Spottwohlfeil am Senegalflusse.
Das Fleisch ist hart, die Sehnen sind stramm,
Wie Eisen vom besten Gusse.
Ich hab zum Tausche Branntewein,
Glasperlen und Stahlzeug gegeben;
Gewinne daran achthundert Prozent,
Bleibt mir die Hälfte am Leben.
Bleiben mir Neger dreihundert nur
Im Hafen von Rio-Janeiro,
Zahlt dort mir hundert Dukaten per Stück
Das Haus Gonzales Perreiro.«
Da plötzlich wird Mynheer van Koek
Aus seinen Gedanken gerissen;
Der Schiffschirurgius tritt herein,
Der Doktor van der Smissen.
Das ist eine klapperdürre Figur,
Die Nase voll roter Warzen -
»Nun, Wasserfeldscherer«, ruft van Koek,
»Wie geht's meinen lieben Schwarzen?«
Der Doktor dankt der Nachfrage und spricht:
»Ich bin zu melden gekommen,
Daß heute nacht die Sterblichkeit
Bedeutend zugenommen.
Im Durchschnitt starben täglich zwei,
Doch heute starben sieben,
Vier Männer, drei Frauen - Ich hab den Verlust
Sogleich in die Kladde geschrieben.
Ich inspizierte die Leichen genau;
Denn diese Schelme stellen
Sich manchmal tot, damit man sie
Hinabwirft in die Wellen.
Ich nahm den Toten die Eisen ab;
Und wie ich gewöhnlich tue,
Ich ließ die Leichen werfen ins Meer
Des Morgens in der Fruhe.
Es schossen alsbald hervor aus der Flut
Haifische, ganze Heere,
Sie lieben so sehr das Negerfleisch;
Das sind meine Pensionäre.
Sie folgten unseres Schiffes Spur,
Seit wir verlassen die Küste;
Die Bestien wittern den Leichengeruch
Mit schnupperndem Fraßgelüste.
Es ist possierlich anzusehn,
Wie sie nach den Toten schnappen!
Die faßt den Kopf, die faßt das Bein,
Die andern schlucken die Lappen.
Ist alles verschlungen, dann tummeln sie sich
Vergnügt um des Schiffes Planken
Und glotzen mich an, als wollten sie
Sich für das Frühstück bedanken.«
Doch seufzend fällt ihm in die Red'
Van Koek: »Wie kann ich lindern
Das Übel? wie kann ich die Progression
Der Sterblichkeit verhindern?«
Der Doktor erwidert: »Durch eigne Schuld
Sind viele Schwarze gestorben;
Ihr schlechter Odem hat die Luft
Im Schiffsraum so sehr verdorben.
Auch starben viele durch Melancholie,
Dieweil sie sich tödlich langweilen;
Durch etwas Luft, Musik und Tanz
Läßt sich die Krankheit heilen.«
Da ruft van Koek: »Ein guter Rat!
Mein teurer Wasserfeldscherer
Ist klug wie Aristoteles,
Des Alexanders Lehrer.
Der Präsident der Sozietät
Der Tulpenveredlung im Delfte
Ist sehr gescheit, doch hat er nicht
Von Eurem Verstande die Hälfte.
Musik! Musik! Die Schwarzen soll'n
Hier auf dem Verdecke tanzen.
Und wer sich beim Hopsen nicht amüsiert,
Den soll die Peitsche kuranzen.«
II
Hoch aus dem blauen Himmelszelt
Viel tausend Sterne schauen,
Sehnsüchtig glänzend, groß und klug,
Wie Augen von schönen Frauen.
Sie blicken hinunter in das Meer,
Das weithin überzogen
Mit phosphorstrahlendem Purpurduft;
Wollüstig girren die Wogen.
Kein Segel flattert am Sklavenschiff,
Es liegt wie abgetakelt;
Doch schimmern Laternen auf dem Verdeck,
Wo Tanzmusik spektakelt.
Die Fiedel streicht der Steuermann,
Der Koch, der spielt die Flöte,
Ein Schiffsjung' schlägt die Trommel dazu,
Der Doktor bläst die Trompete.
Wohl hundert Neger, Männer und Fraun,
Sie jauchzen und hopsen und kreisen
Wie toll herum; bei jedem Sprung
Taktmäßig klirren die Eisen.
Sie stampfen den Boden mit tobender Lust,
Und manche schwarze Schöne
Umschlinge wollüstig den nackten Genoß -
Dazwischen ächzende Töne.
Der Büttel ist Maître des plaisirs,
Und hat mit Peitschenhieben
Die lässigen Tänzer stimuliert,
Zum Frohsinn angetrieben.
Und Dideldumdei und Schnedderedeng!
Der Lärm lockt aus den Tiefen
Die Ungetüme der Wasserwelt,
Die dort blödsinnig schliefen.
Schlaftrunken kommen geschwommen heran
Haifische, viele hundert;
Sie glotzen nach dem Schiff hinauf,
Sie sind verdutzt, verwundert.
Sie merken, daß die Frühstückstund'
Noch nicht gekommen, und gähnen,
Aufsperrend den Rachen; die Kiefer sind
Bepflanzt mit Sägezähnen.
Und Dideldumdei und Schnedderedeng -
Es nehmen kein Ende die Tänze.
Die Haifische beißen vor Ungeduld
Sich selber in die Schwänze.
Ich glaube, sie lieben nicht die Musik,
Wie viele von ihrem Gelichter.
»Trau keiner Bestie, die nicht liebt
Musik!« sagt Albions großer Dichter.
Und Schnedderedeng und Dideldumdei -
Die Tänze nehmen kein Ende.
Am Fockmast steht Mynheer van Koek
Und faltet betend die Hände:
»Um Christi willen verschone, o Herr,
Das Leben der schwarzen Sünder!
Erzürnten sie dich, so weißt du ja,
Sie sind so dumm wie die Rinder.
Verschone ihr Leben um Christi will'n,
Der für uns alle gestorben!
Denn bleiben mir nicht dreihundert Stück,
So ist mein Geschäft verdorben.«

 
Beim Balladenstöbern stoße ich auf seltsame, mir unbekannte Beispiele.
Ziemlich schrecklich das Sklavenschiff von Heine.
Aber sehr viel hat sich in 200 Jahren nicht verändert.


Samstag, 10. Dezember 2016

ERINNERUNG


Beim Suchen sind mir alte Fotos in die Hände gefallen.
Wie die  Zähne der Zeit das Aussehen und die Beweglichkeit wegfressen!
Und wie menschenleer die Schipisten waren.
Ich glaube, es war in Obertauern.
Ich möchte nimmer jung sein und all die Jahre die hinter mir liegen,
möchte ich auch nimmer leben.
Aber ein bisserl etwas von damals hätte ich gerne.
Z.B. die Gelenkigkeit wäre schon nett.
Naja, vom Aussehen tät ich auch etwas nehmen (wenn es unbedingt sein müsste).