Samstag, 16. März 2013

VON DER VERWANDTSCHAFT

In meinen Kindheitserinnerungen habe ich gekramt um Verwandtschaftsabsonderlichkeiten aufzuspüren.
Ich bin nicht sehr fündig geworden. Unsere Beziehungen waren von jeher mehr als lose, bis gar nicht.
An Großtantenschwestern erinnere ich mich, die eine machte präzise Bleistiftlandschaftszeichnungen, die andere war hintergründig farblos.
Zur Weihnachtszeit gab es einen Baum mit in Zuckerlpapier gewickelten Holzstückchen, olein Dauerrecycling. Was mir als Kind unverständlich war, heute eigentlich auch noch.
Eine weitere Großtante, in besseren Zeiten Damenschneiderin mit einem Anprobierzimmer, das einen großen Standspiegel hatte, der ganz seltsam verzerrte, lag später dann dement im 40-Bettzimmer in Lainz. Die Schreie und den Geruch dort werde ich nie vergessen.
Diese alten, unverheirateten Mädchen waren irgendwie stigmatisiert - sie hatten nie einen Mann gefunden, was damals als Makel gehandelt wurde.
Nur bemannt und bekindet war das Leben erfüllt.
Wenn ich mir den tieftraurigen Dauergesichtsausdruck meiner Großmutter ins Gedächtnis rufe,
die sowohl mit Ehegespons als auch mit Nachwuchs gesegnet war,
dann weiß ich nicht, wer die besseren Lose gezogen hatte.


Meine von mir mystisch verklärte, leider unbekannte Tante, die vom verschmähten Liebhaber nach ihrer Hochzeit und der Hochzeitsreise ins Salzkammergut, als 25jährige erschossen wurde.
Was ja wieder die Frage nach dem besseren Los aufkommen lässt.
Mann oder Nichtmann -
ist da die Frage.

10 Kommentare:

  1. Ach ja, das Los der Frauen (und auch vieler Männer) war früher kein besonders glückliches. Das ist vielleicht auch der Grund, dass ich mich kaum mit der ganz frühen Vergangenheit befassen mag, obwohl auch bei mir viel Verwandtschaft für eine Recherche da gewesen wäre...
    So schön und anrührend deine alten Bilder!

    Liebe Grüsse ins Heute,
    Brigitte

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    1. ich kannte meine vorvorderen wenig bis kaum. da sind die geschichten eher wie erzählungen. aber manches kann ich in mir nachspüren. ist recht interessant.
      liebgrüße in deinen tag

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  2. Mir geht es so, dass selbst schon die Großelterngeneration für mich völlig Fremde sind. Das ist eigentlich erschreckend. Erschreckend unter dem Aspekt, dass man da ja HERKOMMT!
    Wie weit sind wir da von Naturvölkern entfernt, für die die Ahnen das wichtigste überhaupt sind.
    Also ganz auf dem falschen Wege?
    Ich hatte auch eine Großtante, die Damenschneiderin war.

    M. findet das Herkünftige alles sehr seltsam

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    1. bei uns gab es wenig verwandtenkontakte. mir ist nie etwas abgegangen.
      lg zu dir

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  3. Von meinen Grosstanten und Onkeln gibt es auch ganz verrückte Geschichten... habe noch einige noch von meiner Grossmutter und ihrer Schwester erzählt bekommen.....
    Also bei den Schafen verstehe ich das Glück in der Vollbelammung .... aber bei uns Frauen bin ich mir sicher, dass diese Bekindung nicht allein glückselig machend ist!
    Deine Grosstante finde ich übrigens bezaubernd....
    ♥-liche Grüsse in deinen Samstag
    bbbbbrigitte

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    1. über meine großtante wurde eigentlich nie gesprochen und nichts über sie erzählt - ich habe nie gefragt und jetzt ist auch keiner mehr da, der etwas weiß.
      alles liebe zu dir

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  4. Die Tante bleibt ewig jung, und muss nie in 40-Betten-Zimmern liegen. Aber wahrscheinlich hätte sie auch sehr gern gelebt...

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    1. ja, sie ist ewig jung geblieben und nie im altersheim gelandet. die tante. hat aber das ganze volle programm nicht gehabt.
      lg zu dir

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  5. Bleistiftlandschaftszeichnungen - gäbe es welche oder auch nur eine - anzuschauen? Spannend.
    Und das mit dem 40-er-Zimmer und dem Erschossen werden nennst Du "ohne Absonderlichkeiten"? Aber ohoooo! Wie flink dazu ganze Romane im Kopf entstehen....bei Dir nicht?
    Gruß von Sonja

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    1. zeichnungen keine. als kind fand ich sie besonders schön.
      natürlich habe ich meine romane, besonders zur erschossenen tante. zu dem 40er zimmer, die verdränge ich lieber. so grauslich.
      lg zu dir

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