Mittwoch, 7. Juli 2021

WAS ES NIMMER GIBT



 Herumjammern möchte ich nicht.
Aber ich werde aufschreiben,
was hier bei mir ums Haus nimmer lebt.
Diese Tiere sind in den letzten Jahren verschwunden.
Smaragdeidechsen (wahrscheinlich Trockenheit und fehlendes Nahrungsangebot).
Erdkröten. Detto. Ich habe einige Exemplare vertrocknet auf der Straße gefunden. Konnten am Asphalt nimmer weiter.
Frösche.
Ganz nahe ist ein kleiner Tümpel.
Dort habe ich früher für das winzige Wasserbecken im Innenhof  Kaulquappen geholt
und ihnen beim Wachsen zugesehen. Später waren dann  kleine Frösche im Gras.
Einmal bin ich mit dem Moped gefahren und der Kübel ist mit den Quappen auf die 
Straße gefallen. Massenmord.
Es gibt ganz wenige Schlangen.
Blindschleichen leben in meinem Kompost.
Heuer sehe ich keine Nachtfalter.
Früher war mein Neffe im Sommer eine Woche bei mir.
Er ist einmal bei brennendem Licht und offenem Fenster eingeschlafen.
In der Nacht war sein Zimmer voller Falter.
Er hat sich nicht getraut mich zu wecken
und konnte mit angstgeweiteten Augen nimmer weiter schlafen.
Was ich in der Früh gesehen habe, war schlimm.
Hunderte Nachtfalter in allen Größen.
Fledermäuse sind verschwunden.
Konnte man früher im Dunkeln flattern sehen.
Überhaupt sind kaum Insekten unterwegs.
Das macht sich bei den Vögeln bemerkbar.
Sehr, sehr wenige Schwalben.
Dass Birkhühner ausgestorben sind,
kann ich mit dem fehlenden Unterwuchs im bewirtschafteten Wald erklären.
Das markante Rufen im Frühjahr, war weit zu hören.
Hören: kein Kuckuck in diesem Jahr.
Dafür Tauben! Wer braucht die hier.
Hier bei mir wird kaum Gift auf Wiesen und Feldern ausgebracht.
Aber die Art der Landwirtschaft hat sich verändert.
EU.
Kaum kleine Bauern. Große Ställe mit moderner Technologie.
Die Wiesen werden öfter gemäht.
In modernen Ställen ist kein Platz für Schwalben.
Die Tierunterkünfte sind so sauber, dass es keine Fliegen  gibt.
Welche Vögel fehlen, kann ich nicht sagen.
So genau kenne ich sie nicht.
Aber heuer nach dem kalten Frühjahr werden die Bruterfolge gering sein.
Die Storchennester im Waldviertel kann ich fast an einer Hand abzählen.
Was reichlich vorhanden ist:
Ameisen, Mäuse, Wühlmäuse.
Bei mir Marder.
Und Biber sind überall.
Die sind neu.
Ich sehe sie zwar nicht, aber ihre Spuren.
Sogar einen Damm gefunden.
Insgesamt  macht  es traurig.
Wenn eine einstmals bunte Welt zu einem leeren Raum verkommt.
Tiere gehen leise, ohne Aufschrei.
Irgendwann fällt dir die Lücke auf.
Natur gibt uns  Identität.
Zeigt unseren Platz in der Welt.
Nährt.
Hält uns am Leben.



Ein Bild der Blindschleichenzucht im Kompostbehälter.
Es waren viel mehr Exemplare
aber bis ich mit der Kamera gekommen bin,
waren sie fast verschwunden.
Ich glaube, sie haben ein ziemlich gutes Leben im Abfall.


9 Kommentare:

  1. Wie traurig. Danke für dieses detaillierte und anrührende Requiem. Ja, so vieles ist auch hier verschwunden, wahrscheinlich für immer. Die Gründe hast du genannt.
    Man kann wenig dagegen tun, denn unser Leben ist ein ganz anderes als früher.
    Dir einen guten, anregenden Tag! Hier fängt er neblig trüb an.
    Alles Liebe,
    Brigitte

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    1. traurig. ja. und es ist schnell gegangen. und still.
      hab einen schönen tag!
      liebe grüße

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  2. Man muss nur die Felder und Wiesen anschauen, wenn man zB. durchs Waldviertel fährt... keine Hecken, Büsche und Raine mehr, alles wurde der großflächigen Landwirtschaft mit immer größeren Maschinen geopfert. Hier können Lebewesen gar keinen Platz mehr finden. Und die Bauern jammern und verstehen die Wühlmausplage in ihren klinischen Feldern nicht.

    Aber zumindest Kuckucke habe ich heuer öfter gehört!
    lg

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    1. früher hat man die vielfalt nicht beachtet. sie war da. jetzt ist man für jeden kuckuck dankbar.
      liebe grüße

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  3. oh, nein. und ja, habe es gelesen.
    sogar mir schon überlegt, ob ich die paar stubenfliegen mit der glasmethode fangen und ins freie setzen soll. sie sind für diese methode viel zu schnell, doch eine klebefalle oder fliegenklatsche will ich auch nicht verwenden. das insekten- und vogelsterben finde ich, nicht nur ich, zum fürchten...

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    1. also, ich denke fliegen dürfen sterben. ameisen im haus auch. kennst du die indischen sektenmönche - jainas - die vor sich den boden kehren, damit sie auf kein lebewesen treten. so weit wollen wir doch mit der tierliebe nicht gehen!
      liebe grüße

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  4. Ringelnattern im Teich und auf unseren Wegen, Igel, die sich auf das Katzenfutter stürzen,
    Tauben und Krähen, die im Teich baden und Wasser trinken und es gab auch viele Vögel.
    Seit es heiß ist sind sie verstummt. Dafür geben uns die Frösche in Teich täglich Gratiskonzerte.
    Smaragdeidechsen gab es noch vor 20 Jahren. Ich habe schon lange keine mehr gesehen, auch hier nicht im Marchfeld.
    Birkhuhnzuchtprogramm habe ich in Wiesensfeld mitbekommen. Bin neugierig, ob das ein Erfolg wird.
    Es ist traurig, wie die Natur verarmt und wir mit und in ihr.
    Die Hitzetage muss ich jetzt hier im Marchfeld durchstehen, bis ich die
    Bachelorarbeit fertig verbessert habe. Heute Nacht saß ich mit meiner
    Nachbarin bis 2 Uhr morgens am PC!
    Was tut man nicht alles für die eigene Brut.......:-)))))
    Damit wir auch überleben......:-)))))
    Hitzeschwitzgrüße
    hibisca

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    1. ha. hitze! 17 grad und zugewölkt. gestern war ich baden. heute ist die hitze geschichte. das waldviertel ist anders!
      liebe grüße

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