Montag, 1. April 2024

GLAUBEN



 Im dicken Nebel aus dem Kino heimgefahren.
Am Straßenrand Schnee.

"Des Teufels Bad".
In Wahrheit habe ich den Streifen nur geschaut, weil er im Waldviertel gedreht wurde.
Man sieht, was Glaube anrichten kann und was den Menschen eingeredet werden kann.
Um eigene (Kirchen)Macht zu erhalten.

In „Des Teufels Bad“ wird eine Frau zur Kindsmörderin, weil sie zum Tode verurteilt und hingerichtet werden will. Nicht nur wegen seiner Machart und der intensiven Darstellung von Anja Plaschg ist es einer der bemerkenswerten Horrorfilme der letzten Jahre geworden, sondern auch, weil er auf Tatsachen beruht. 1762 hat Eva Litzlfellner in Oberösterreich ein Kind getötet und sich in die Hände der Justiz begeben. Ein schreckliches Verbrechen einer offenbar depressiven Frau, die kein anderes Mittel sah, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Kein Einzelfall. Die amerikanische Historikerin Kathy Stuart belegt in ihrer Studie „Suicide by Proxy“ für die Zeit zwischen 1650 und 1800 hunderte solcher Fälle von „mittelbarem Suizid“. Weil Selbstmördern ewige Verdammnis sicher war, haben Menschen – vor allem jüngere Frauen – ein schweres Verbrechen begangen, um hingerichtet zu werden.  Dabei handelte es sich vor allem um Kindsmorde, aber auch um Sodomie sowie Blasphemie. In Wien, eine der wenigen Gegenden im deutschsprachigen Raum, wo auf Blasphemie mit großer Sicherheit die Todesstrafe stand, ist in jener Zeit ein Anstieg der Schändung von Hostien und Kruzifixen zu verzeichnen.

Als Selbstmörderin wäre ihr die ewige Verdammnis sicher gewesen.
Als Mörderin konnte ihr der Priester vor der Hinrichtung/Köpfung die Absolution erteilen.

Im Islam gibt es die Sache mit den 72 Jungfrauen im Paradies für Märtyrer.

Mit einer guten Geschichte und genügend Motivation kann man Menschen zu allem treiben.

Für erwachte Erwachsene:
Nur eigene Glaubenssätze sind wahr.



13 Kommentare:

  1. mir gruselt oft vor dem, zu was menschen fähig sind. dein schlußsatz sollte immer wieder gesagt und geschrieben werden. und meine oma sagte immer: was du nicht willst, was man dir tut, das füg auch keinem anderen zu. einen guten tag wünscht roswitha

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    1. die ganzen letzten jahre verfolge ich kopfschüttelnd wozu menschen sich manipulieren lassen.
      mit einer guten geschichte und genügend angstmache kann man massen zu allem bringen.
      liebe grüße

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  2. Puuu, das wusste ich nicht, das ist wirklich gruslig. Ist heute zum Glück nur noch für die Wenigsten vorstellbar, dass es die ewige Verdammnis wirklich gibt. Es ist eh erschreckend genug, woran die Leute sonst noch (oder schon wieder) so glauben. Zu hoffen steht, dass Menschen, die das Leben nicht mehr ertragen können, heute geholfen wird / werden kann.
    Glaubenssätze ... (auch die eigenen) sollte man wohl immer wieder mal überprüfen. Und vorher sollten sie gesucht werden, denn die meisten (und wirksamsten) arbeiten ja aus dem Verborgenem heraus.
    Liebe Grüße und einen schönen Ostermontag!
    Andrea

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    1. eigene glaubenssätze müssen ja nicht im absoluten wahr sein. und können natürlich dauernd korrigiert werden. die vorschriften der herrschenden sind auch mal so und dann wieder anders.
      dir auch einen sonnigen ostermontag!
      liebe grüße

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  3. Schwere Kost hast du dir da zu Gemüte geführt! Ich meine, das nimmst du dann ja mit nach Hause und die inneren Bilder gehen ja auch nicht gerade einfach weg. Thema Glauben: ich habe immer gedacht und oft gesagt: die Frommen müssten in die Psychiatrie, hätten sie ihre (Frei-)kirche nicht. Glaube dient mehr als man meint zum übelsten Missbrauch. Das gilt für alle Religionen. Für alle, die sich als "-isten" bezeichen (Christen, Marxisten, Kommunisten, Faschisten etc. pp).
    Wer da wieder rauskommt aus seiner Sekte, traumatisiert, hat noch Glück gehabt.
    Nachdenklich grüsst Ursula

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    1. den film habe ich geschaut, weil er im waldviertel gedreht wurde. normalerweise sind abgehackte köpfe und gliedmaßen nicht meine kost. musste im kino dauernd die augen schließen. aber wenn man sowas mag, ist der streifen sehenswert. und als denkanstoß sowieso. ich habe mit der willkür der staaten meine probleme. heute ist die grenze hier, morgen dort. heute darfst du cannabis rauchen, gestern bist du dafür ins gefängnis gekommen. etc.
      liebe grüße

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  4. Schließe mich Roswitha an. Finde deinen letzten Satz sehr wichtig und wahr und …mit lieben Grüßen von Sonja

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  5. Sogar unsere eigenen Glaubenssätze sollten wir hinterfragen, ob die der Wahrheit entsprechen. Man hat uns seit frühester Kindheit so viel eingetrichtert, da kann man viel loslassen.

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  6. Zuerst muss man selbst zu eigenen Glaubenssätzen kommen. Eigene Erfahrung ist da ein Muss, welches man dann integriert. So viel Selbstbewusstheit und Selbstbewusstsein ist doch noch nie gefragt gewesen. Das wird aber dringender denn je, denn die Zukunft muss anders aussehen, damit es eine bessere Welt werden kann.
    Ostermontagsgrüße
    hibisca

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    1. ja. einiges muss sich wandeln. ich bin guter dinge.
      liebe grüße zu dir

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  7. Ich kam auch über den Film auf das Thema und habe mir dann einen Podcast mit der Historikerin, Kathy Stuart, angehört, der wirklich sehr faszinierend war. Was im Film, der ja eher eine Momentaufnahme war, nicht so vorkommt: das Ganze war wie ein Schachspiel zwischen den Sterbewilligen (2/3 Frauen, deshalb schreibe ich auch nicht "Frauen") und der Obrigkeit. Die Obrigkeit kapierte irgendwann, dass sie da von Leuten zum mittelbaren Selbstmord benutzt wurde, indem sie sich der Hexerei bezichtigten o.Ä.. Daraufhin änderte sie das Vorgehen, man musste nun Beweise vorlegen. Nun kann man ja schlecht Beweise für Hexerei oder Hostienschändung vorlegen, wenn einem die Obrigkeit das eher nicht glauben möchte. Und das war der Punkt, von dem an die Leute sich dann auf Morde verlegten - da gab es einen sichtbaren Beweis, den die Obrigkeit nicht irgnorieren konnte. Wir haben hier also Menschen, die sich in einem sehr engen Korsett an Vorgaben immer noch eine Handlungsfreiheit schufen - gegen die Obrigkeit, die dieses Korsett geschnürt hatte. Das ist auch ein interessanter Punkt, finde ich, dieses Katz- und-Maus-Spiel zwischen Obrigkeit und Untertanen, das die Untertanen, die bereit sind, zu extremsten Mitteln zu greifen, gwinnen. Was mich geschockt hat, war die Anzahl der Fälle: 400 im deutschen Sprachraum. Das scheint mir sehr viel zu sein.

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