Sonntag, 6. September 2020

MEINE OMAS


Wenn man sagt:
"Es schmeckt, wie bei Oma",
dann kann ich nur denken:
hoffentlich nicht.
Meine eine Oma war eine schreckliche Köchin.
Riesige zuckersüße gelbe Cremetorten mit Margarine,
sie trank dunkles Bier mit Ei und Zucker.
Wenn ich an sie denke,
fällt mir nichts Positives ein.
Sie roch schlecht.
Altfrauensauer.
War hässlich.
Positiv? - sie war duldsam und ertrug klaglos ihr Leben, konnte gut nähen.
Entstammte einer Wiener Schneidermeisterdynastie.
Und erzählte von ihren rauschenden Ballnächten.
Das war bevor sie als spätes Mädchen von meinem sehr feschen Großvater geehelicht wurde.
Der sie nicht besonders gut behandelte.
In Erinnerung ist mir sein Ausspruch:
"Sei still, du bist dumm."
Wenig gekannt habe ich die andere Oma.
Die Tschechin, taub und hübsch war.
Noch im Sarg mit fast 90 sah sie lieb aus.
Sie war eine ganz Gute,
hat das Leben mangels Kommunikation hauptsächlich mit Beten verbracht.
Obwohl wir nicht miteinander reden konnten,
habe ich nur positive Erinnerungen an sie.
Jetzt, wo ich das aufschreibe, fällt mir auf -
welche Leben die beiden Omas hatten.
So viel Leid und Entbehrungen.
Krieg, Flucht, Tod der Kinder/Männer, etc.
Beide haben nie gejammert, sondern gelebt.
Bis sie richtig alt waren.


7 Kommentare:

  1. Ja, die Kindheitserinnerungen tragen wir ein Leben lang mit uns herum. Und auch bei den Familienmitgliedern stimmt die gegenseitige Chemie beim einen und bei der andern eben nicht. Dagegen kann man sich nicht wehren.
    Meine Omas waren beide auf ihre Art lieb und tüchtig. Und beide Grossväter waren schon tot, als ich klein war.
    Einen schönen Sonntag wünsche ich dir und lasse liebe Grüsse hier,
    Brigitte

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    1. ja. familie kann man sich nicht aussuchen. und omas sind auch nur menschen.
      alles liebe zu dir

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  2. "Die Kindheit wird dir übergestülpt und sie rinnt dein ganzes Leben an dir runter...", hab ich irgendwo gelesen, aber ich finde, man könnte sich doch sozusagen abwischen, oder?

    Bei mir stimmt es, dass es bei der Oma (ich kannte nur eine) am besten geschmeckt hat. Ich hatte liebevolle Großeltern, sie führten eine glückliche Ehe trotz Entbehrungen, Krieg, Krankheiten. Ich war als Kind viel bei ihnen, eine schöne Zeit, es ist ewig her...
    lg

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    1. überall steht, wie toll omas waren und so gut gekocht hätten sie, etc. aber omas gibt es auch anders. wollte ich nur einmal schreiben. ja. so lange her und ist mir auch völlig egal.
      liebe grüße

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  3. Ich finde die Beschreibung deiner Omas geradezu literarisch. Ich sehe beide vor mir, die kleine tschechische Oma in ihrem Sarg.

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    1. danke. der tod der zweiten oma war eine frauenpowergeschichte. eine kleine dorfaufbahrungskapelle irgendwo in tschechien. der omasarg offen und nur meine mutter und ich dort. war ein starker moment. liebe und kraft und schönheit. frauenverbundenheit.

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    2. Bei uns war auch 100% Frauenpower, und da hat's dann oft powerful gekracht. Und dann wieder Sonnenschein, und hemmungsloses Gelächter.

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