Mittwoch, 12. August 2020

DAS UNGLÜCK IN DER BALLADE





In Ermangelung eines eigenen Textes habe ich
der Suchmaschine Goethe, Ziege und Ballade vorgegeben.
Bitteschön ein wenig Melodramatik.

 

Johanna Sebus

Zum Andenken der siebzehnjährigen Schönen, Guten aus dem Dorfe
Brienen, die am 13. Januar 1809 bei dem Eisgang des Rheins
und dem großen Bruche des Dammes
von Cleverham
Hilfe reichend unterging.

Der Damm zerreißt, das Feld erbraust,
Die Fluten spülen, die Fläche saust.

"Ich trage dich, Mutter, durch die Flut,
Noch reicht sie nicht hoch, ich wate gut." –
"Auch uns bedenke, bedrängt wie wir sind,
Die Hausgenossin, drei arme Kind!
Die schwache Frau! . . . Du gehst davon!" –
Sie trägt die Mutter durch das Wasser schon.
"Zum Bühle da rettet euch! Harret derweil;
Gleich kehr' ich zurück, uns allen ist Heil.
Zum Bühl ists noch trocken und wenige Schritt;
Doch nehmt auch mir meine Ziege mit!"

Der Damm zerschmilzt, das Feld erbraust,
Die Fluten wühlen, die Fläche saust.
Sie setzt die Mutter auf sichres Land,
Schön Suschen, gleich wieder zur Flut gewandt.
"Wohin? Wohin? Die Breite schwoll,
Des Wassers ist hüben und drüben voll.
Verwegen ins Tiefe willst du hinein!" –
"Sie sollen und müssen gerettet sein!"

Der Damm verschwindet, die Welle braust,
Eine Meereswoge, sie schwankt und saust.

Schön Suschen schreitet gewohnten Steg,
Umströmt auch, gleitet sie nicht vom Weg,
Erreicht den Bühl und die Nachbarin;
Doch der und den Kindern kein Gewinn!

Der Damm verschwand, ein Meer erbraust's,
Den kleinen Hügel im Kreis umsaust's.
Da gähnet und wirbelt der schäumende Schlund
Und ziehet die Frau mit den Kindern zu Grund;
Das Horn der Ziege fasst das ein',
So sollten sie alle verloren sein!
Schön Suschen steht noch strack und gut:
Wer rettet das junge, das edelste Blut!
Schön Suschen steht noch wie ein Stern;
Doch alle Werber sind alle fern.
Rings um sie her ist Wasserbahn,
Kein Schifflein schwimmet zu ihr heran.
Noch einmal blickt sie zum Himmel hinauf,
Dann nehmen die schmeichelnden Fluten sie auf.

Kein Damm, kein Feld! Nur hier und dort
Bezeichnet ein Baum, ein Turn den Ort.
Bedeckt ist alles mit Wasserschwall;
Doch Suschens Bild schwebt überall. –
Das Wasser sinkt, das Land erscheint,
Und überall wird schön Suschen beweint. –
Und dem sei, wer's nicht singt und sagt,
Im Leben und Tod nicht nachgefragt!
Johann Wolfgang von Goethe

 



4 Kommentare:

  1. Ja, so kann es den Rettern und Helferinnen ergehen. Ach, und die Ziegen sind alle so munter und frisch! Danke für diese Ballade, die ich noch nicht kannte.
    Schönen Gruss,
    Brigitte

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    1. ich kannte die ballade auch nicht. unglücke sind schrecklich.
      liebe morgengrüße

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  2. Ziegen strahlen so eine Lebensfreude und Lustigkeit aus. Hüpfen freudig herum
    sind immer gut gelaunt.
    Schönen Restsommertag
    hibisca

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    1. finde ich auch. ziegen sind speziell. wenn sie besser riechen würden, könnte man sie als wohntier haben.
      liebe grüße

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