Donnerstag, 26. März 2009

VON DEN HÖFLICHKEITEN

In Österreich gibts ja wirklich noch handküssende Männer -
sie gehören zwar zur aussterbenden Spezies -
aber ab und an sind sie anzutreffen.
Bereits als junge Frau hat es mich erschreckt -
wenn ich auf einen Händedruck aus war -
und dann meine Hand mundgerecht zurechtgemacht wurde.
War für mich nie zeitadäquat und schon gar nicht
meiner Person adäquat.
Das Leben trieb mich vor einiger Zeit unters Messer
eines Starchirurgen -
der hat mich immer mit "Gnädige Frau"
angesprochen.
Treibt mir die kalten Schauer rauf und runter -
finde ich schrecklich,
ich bin weder gnädig und schon gar keine gnädige Frau -
war früher u.A. die Anrede der Dienstmädchen
für ihre Arbeitgeberinnen.
Kann mir nicht vorstellen,
dass der Starchirurg mein Dienstknabe ist.
Also, ich hab das Recht auf einen
eigenen Namen.
Gnädige Frau finde ich entwürdigend.
Ist für mich eine Art der Nichtwahrnehmung einer Person.
Und inzwischen bemerke ich,
ich mags nicht mal mehr,
wenn Mann mir in den Mantel hilft.
Das kann ich auch noch gerade.
Alt bin ich schon
und fein werde ich wohl nimmer.
Kürzlich hab ich gelesen,
dass die Einkommensschere in Österreich
zwischen Männern und Frauen in der EU eine der größten ist,
nur Litauen oder Lettland sind schlechter.
Die österreichischen Männer sollten lieber weniger die Hände küssen
und weniger oberflächlich höflich sein
sondern drauf schauen,
dass Frauen wirklich geachtet werden.
Ich will auf Augenhöhe wahrgenommen werden -
und diese Form der Höflichkeiten
ist auch eine Art der Machtausübung -
subtil wirst du ins Weibcheneck gestellt.

5 Kommentare:

  1. handküssende männer - dazu kann ich nicht viel sagen. und mit starchirurgen hatte ich noch nichts zu tun. mir fällt aber auf, dass man am land nirgendwo als gnädige frau angesehen wird, egal wer man ist. in der stadt passiert es mir selber manchmal, dass plötzlich in einer bäckerei mich jemand so bezeichnet. nicht männer, sondern einfach die verkäuferin. vielleicht kommts daher, dass man die menschen am land zum teil beim namen, auf jeden fall aber vom sehen her kennt und so eine gewisse vertrautheit da ist. in der stadt gehts anonymer zu. und namen und vertrautheit, die fehlt, wird durch das *gnädige* ersetzt. so denk ich es mir halt, weil ich bestimmt nicht die ausstrahlung einer gnädigen frau habe, aber wer weiss schon, wie er von andern wahrgenommen wird :)))

    was deine abwehr gegen männliche hilfsdienste angeht, bin ich vielleicht als ehefrau einfach ein gewohnheitstier. er hilft mir in den mantel, hält mir die tür auf. ich leiste anderweitig kleine liebes- und hilfsdienste. was soll's ... aber jetzt wo du's erwähnst fällt mir auf: die hand hat mir schon ewig keiner mehr geküsst. hier und heut sind ja mehr der wange-links, wange-rechts bussis uso :))

    küss die hand, gnä' frau. schönes wochenende, liebe ingrid,

    mit heiteren grüssen, rena

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  2. Das erinnert mich jetzt stark an das, was ich schon bei der andern Ingrid in München anmerkte: "Fraun' regier'n die Welt" von diesem unsäglichen Roger Cicero ist auch so ein Augenwischer, grauenhaft. Die niedlichen, die feinen Weibchen, die dem Herrn das Portemonaie lockern... uuääärgs!

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  3. rena: ein schönes heiteres wochenende auch für dich. gnä frau.

    kvinna: ich muss zu meiner schande gestehen - den roger cicero musste ich erst googeln! hat bis jetzt an mir vorbeigesungen. wohl besser so. aber ich weiss, was du meinst.

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  4. Zum unliebsamen Handküsser eine kleine Episode:
    Meine Mutter eine "gstande" Förstersfrau im Weinviertel war genervt vom handküssenden, aristokratischen Forstaufsichtsgehilfen.
    Einmal kam sie gerade vom Ausmisten im Hühnerstall,ja und da kam der handküssende Graf des Weges.....
    Jahrzehnte huschte ein schadenfrohes, verschmitztes Lächeln bei dieser Geschichte über ihr Gesicht.

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  5. heide: eine nette geschichte. die handküsser gibts ohnedies kaum mehr, auch wenn der fernseh-benimm-ellmayer dem volk die alten formen nahebringen will.
    lg
    ingrid

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