"....Denk nur, ein Volk, das seine Zeit damit verbringt - Mao hätte gesagt vergeudet, und nicht ganz zu Unrecht -, zu jeder Jahreszeit Grillen zu züchten, um auch im Winter, wenn es draußen schneit, der Stimme des Frühlings lauschen zu können! Die Grillen haben es dann warm, denn man trägt sie in der Innentasche der Jacke mit sich herum, in einem winzigen ausgehöhlten Kürbis mit einem wunderschönen Deckel aus geschnitztem Elfenbein oder manchmal sogar aus Jade. Und wenn du in der Kälte der Nacht ein Gedicht schreibst und in deinem kleinen si he yuan, deinem Haus mit Innenhof, Tee trinkst, hörst du das Krikrii, Krikrii der Grille. Auch das war ein Zeitvertreib der Mandschu gewesen.
Ich hatte immer eine in der Tasche und hielt zu Hause die verschiedensten Grillensorten, sogar einen jing-irgendwas, die kleinste Grille, die es gibt. Sie ist kaum zu sehen, aber sie kann herrlich zirpen. Sie war so klein, dass ich sie nicht einmal in einen solchen Kürbiskäfig setzen konnte, sonst wäre sie mir abhanden gekommen. Ich hatte sie in einer winzigen Elfenbeindose untergebracht. Manchmal musste man sie füttern, und dann wurde der Deckel wieder zugeschraubt....."
Tiziano Terzani. Das Ende ist mein Anfang.
Für Tierschützer ein schlimmer Gedanke diese gefangenen Grillen.
Chinesen essen bekanntlich alles, was vier Beine hat, außer Tischen und Stühlen.
Trotzdem hat die Beschäftigung mit den Zirpinsekten Poesie.
In wenigen Jahrzehnten wurde eine jahrtausendealte Hochkultur fast völlig vernichtet.
Zuerst kam Mao und die heutige Hinwendung zum Kapitalismus macht es auch nicht besser.