Freitag, 30. Mai 2014

RILKE UND SEEPFERDCHEN

Den Rilke-Weg von Duino nach Sistiana bin ich gegangen.
Rilke war längere Zeit Gast im Schloss Duino.
Ihn hat wohl nur das Rauschen des Meeres und Vogelgezwitscher am malerischen Pfad begleitet.
Heute ist es das gleichmäßige Getöse der nahen Autobahn, das zur hauptsächlichen Geräuschkulisse wird. 
Sistiana - Erinnerungen meiner Kindheit.
Dort habe ich Schwimmen gelernt.
Reiches Leben war im Wasser -
jede Menge Seepferdchen (die wir in der Sonne getrocknet haben), Seesterne, Seeigel.
Auf den Märkten wurden die größten Muscheln als Souvenir angeboten,
ans Ohr gehalten, konnte man Meeresrauschen hören.
Korallenketten ....
Seepferdchen habe ich nie mehr gesehen -
das im Naturschutzgebiet in einem veralgten Aquarium gehaltene,
zählt nicht.
Heute lebt fast nichts mehr in der Adria,
Aquakulturen erzeugen Futter für die Menschen. 
Und Sistiana gibt es statt Naturstrand einen Hafen.
Das klingt jetzt sehr negativ.
Sollte es gar nicht.
Zeit vergeht, viel Natur ist zerstört.
Ist so.
Der Rest ist immer noch hübsch.


 Es winkt zu Fühlung fast aus allen Dingen,
aus jeder Wendung weht es her: Gedenk!
Ein Tag, an dem wir fremd vorübergingen,
entschließt im künftigen sich zum Geschenk.

Wer rechnet unseren Ertrag? Wer trennt
uns von den alten, den vergangnen Jahren?
Was haben wir seit Angebinn erfahren,
als dass sich eins im anderen erkennt?

Als dass an uns Gleichgültiges erwarmt?
O Haus, o Wiesenhang, o Abendlicht,
auf einmal bringst du’s beinah zum Gesicht
und stehst an uns, umarmend und umarmt.

Durch alle Wesen reicht der eine Raum:
Weltinnenraum. Die Vögel fliegen still
durch uns hindurch. O, der ich wachsen will,
ich seh hinaus, und in mir wächst der Baum.

Ich sorge mich, und in mir steht das Haus.
Ich hüte mich, und in mir ist die Hut.
Geliebter, der ich wurde: an mir ruht
der schönen Schöpfung Bild und weint sich aus

Aus: Die Gedichte 1910 bis 1922 (München)
Rainer Maria Rilke


Genauso muss Italien aussehen -
finde ich.
Sechseckiger Hauptplatz von Palmanova.


10 Kommentare:

  1. sehr schön, alleine, dass du dich aufgemacht hast. ich wäre stolz auf mich. ich habe mein erschrecken an der ostsee erlebt, wo ich die orte der kindheit nicht wieder erkannte. total verbaut alles. und ja, auto an auto......
    wir werden es nicht ändern.
    m. grüßt aus dem morgensonnenschein

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    1. leider hat sich an meinem dilemma, dass sich verreisen nimmer lohnt, nix geändert.
      hoffe, dass es dir etwas besser geht.
      liebe grüße in den norden

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  2. Die selbe Melancholie, die aus deiner schönen Prosa weht, findet sich auch im Rilke-Gedicht. Ja, Rilke und Seepferdchenerinnerungen passen in diesen Weltinnenraum! Und auch die Bilder haben etwas von dieser Bittersüsse...
    Danke für die schönen Mitbringsel!
    Herzlichen Gruss,
    Brigitte

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    1. ja, der herr rilke war noch in einer intakten natur und auch schon wehmütig. ;-)
      liebe grüße in deinen tag

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  3. so schöne Bilder!!
    Duino ist für mich so eine Art Sehnsuchtsort... (http://fliederbaum.blogspot.co.at/2013/03/kaffee-im-hafen-von-duino.html),
    und ich dachte, der Rilke Weg ist gesperrt,
    lg

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    1. ja, der rilke weg ist gesperrt. aber man kann an der absperrung vorbei.
      also, nix wie hin.
      lg

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  4. mit dem wanderbär habe ich auch einige absperrungen umgangen
    hat sich immer gelohnt :)))
    ich denk auch damals gab es schon zerstörung zu sehen
    die wehmütig macht
    allerliebste grüße
    birgit

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    1. ach, du bist auch eine absperrungsumgeherin?!
      liebe grüße

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  5. Mei ich bin dir neidisch! Da will ich schon ewig mal hin, es steht an 3. Stelle auf meiner demnächst-hinfahren-Liste.
    Übrigens möchte ich auch die Schwemmholz Karin besuchen - hättest du Lust auf ein Treffen?

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    1. ja, treffen mit dir und traunsee immer gerne. hab ja dieses lieblingswirtshaus am see. lass mich wissen, wann du fährst.
      lg

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