Ich lese gerade ein älteres Buch von André Heller: "Schattentaucher".
Und einige Formulierungen seiner blumenreichen Sprache möchte ich mit euch teilen.
Diese absurden Wendungen, die Ausschmückungen, die Sprachbilder - das alles ist für mich ja nur schön.
"...Die Roeders hatten von hinten und im Sitzen durchaus etwas Kleinbürgerliches, und Ferdinand schienen sie manchmal wie zwei freundliche Blumenkistchen, die an seinem Durchblick auf die Wiener Philharmoniker montiert waren. Niemals hätte er sie des eben gesehenen für fähig gehalten. Er zog die Vorhänge zu und beschloss, der Frau Roeder am kommenden Tag anonym Blumen zu schicken als Wiedergutmachung für seine Unfähigkeit, aus ihrer und ihres Gatten Nackenpartie die Abgründe ihrer Seelen deuten zu können."
"...Seine bisherige Biographie war eine beinahe lückenlose Abfolge großer, mittlerer und kleiner Katastrophen, die er allesamt wie unerzogenen, geliebte Kinder in Schutz zu nehmen trachtete. Dabei besaß er nicht den geringsten Hang zum Masochismus, empfand also sein Unglück sehr wohl als Unglück, war aber dennoch glücklich. Er versuchte, um seinem Pech weniger Angriffsfläche zu bieten, diesem mit einer hohen Bedürnislosikgkeit zu begegnen.Wohnung und Auto hatte er vor langem verschenkt. Er schlief meist auf einer japanischen Grasmatte auf dem Boden der Galerie ...
Seinen Frauengeschichten stand erschwerend im Wege, dass er sich ausgerechnet in Wien den unbestechlichen Geschmack leistete, keine mit über 45 Kilogramm Gewicht begehrenswert zu finden....."
"Eine andere Figur, die regelmäßig das Café Stern besuchte, hieß " der Wucherer". Er war von einer Fettleibigkeit, die vermuten ließ, er berge in sich nach Art russischer Puppen zahlreiche anderer "Wucherer". Durch seine Anwesenheit veränderten sich auf unergründliche Weise die Lichtverhältnisse, er war eine Mensch gewordene Sonnenfinsternis. Die meisten fürchteten ihn, da er den Gästen kleine Zettelchen mit handgeschriebenen Unglücksweissagungen zuwarf. ..."